Waldemar Januszczak
geschrieben am 07.05.2022 von Ulrich ForsterZwei sehr gegensätzliche Arten der Auseinandersetzung mit Kunst können (jede auf seine eigen Weise) ausgesprochen unerfreulich sein.
Da gibt es jenen Teil des Kunsthistoriker-Diskurses, der sich in fürchterlich abgehobener Weise mit oft pedantischen Fragestellungen beschäftigt und der auch für den gebildeten und hochinteressierten Laien schlichtweg ungenießbar ist (und ich behaupte: auch der Großteil der Fachleute langweilt sich in Wahrheit zu Tode, darf es aber nicht öffentlich zugeben).
Dann kennen wir aber andererseits auch eine Form der Kunstvermittlung, die in anbiedernder Weise dem (wahrscheinlich nur eingebildeten) Geschmack eines "breiten Kulturpublikums" entsprechen möchte und sich dabei entweder hemmungslos in der Plattitüden-Kiste bedient, sich peinlich pseudo-jugendlich gibt oder aber meint, spannend sei nur, was mit künstlich aufgebauschten Drama daher kommt (ich denke an jene Art Fernseh-Dokumentationen, bei der uns auf marktschreierische Art in schöner Regelmäßigkeit die Enthüllung irgend eines sensationellen, bislang verborgenen Geheimnisses angekündigt wird).
Der YouTube-Algorithmus hat mir nun kürzlich einen Beitrag in die "Timeline" gespült, den ich neugierig angeklickt und dann mit wachsender Begeisterung angeschaut habe. Es war der unten eingebettete Film, den ich hier sehr gerne teilen und weiterempfehlen möchte. Obwohl ich mich verschiedentlich schon vertiefter mit dem Maler Hans Holbein d. J auseinandergesetzt habe, habe ich sehr viel Neues erfahren. Sowohl für den geschichtlich wie auch für den kunsthistorisch Interessierten ist das Thema ausgesprochen lohnenswert!
Der Film zeigt eindrucksvoll, dass Kunst und Geschichte so viel Spannendes zu bieten haben, dass künstliche Dramatisierung vollkommen überflüssig ist – dass man sich so etwas genauso sparen kann, wie die Anreicherung mit (meist peinlich schlecht geschriebenen und gespielten) Kostümszenen. Kluge Gedanken gut strukturiert und intelligent erzählt – was könnte unterhaltsamer sein!?!
Voraussetzung ist dabei natürlich ein wirklich guter Erzähler, der mit seiner Art zu packen weiß – ein Mensch von der Leidenschaft und vom darstellerischen Talent wie der polnisch-stämmige, 1952 in England geborene Kunstkritiker und Dokumentarfilm-Produzent Waldemar Januszczak. Er ist der lebende Beweis dafür, dass der berühmte britische Humor und die angelsächsische Gabe des "Performens" nichts mit des Abstammung zu tun haben, sondern aus einer langen kulturellen Tradition erwachsen, in der man auf der Insel vom Kindergarten bis zur Hochschulkarriere kontinuierlich geschult wird.
Vor allem beweisen seine Filme eindrucksvoll, dass intelligente Gedanken und kluge Beobachtungen sich nicht dadurch auszeichnen, dass sie in abgehobenen Fachausdruck-gespickten Satzungetümen geäußert werden (eine ärgerliche Unart, die besonders die Tradition der deutschen Geisteswissenschaft kultiviert hat und die vor allem der Abgrenzung einer so genannten Fachwelt gegenüber einer uneingeweihten Laienschaft dient).
Januszczaks Kunst-Dokus sind Fernsehunterhaltung im allerbesten Sinne: unterhaltsam ohne Unterhaltungs-Schnickschnack und sehr lehrreich ohne je belehrend zu sein...
Wer sich (wie ich) für so etwas begeistern kann, findet auf dem YouTube-Kanal "Perspective" eine sehr große Zahl weiterer Beiträge dieses wunderbaren Kunstvermittlers.
Ich wünsche viel Vergnügen!!